Rizolli & Isles #12 | 20.11.17 | 416 Seiten | Limes | Autorin | Leseprobe
In Boston wird die Leiche einer jungen Frau gefunden – in der offenen Handfläche liegen ihre Augäpfel. Die Verstümmelung geschah post mortem, wie bei der Obduktion eindeutig festgestellt wird. Doch die genaue Todesursache bleibt unklar. Kurze Zeit später taucht die Leiche eines Mannes auf – Pfeile ragen aus seinem Brustkorb, die ebenfalls erst nach seinem Tod dort platziert wurden. Beide wurden Opfer desselben Täters, ansonsten scheint es keine Verbindung zwischen ihnen zu geben. Detective Jane Rizzoli von der Bostoner Polizei steht vor einem Rätsel, bis eine Spur sie zu einem Jahrzehnte zurückliegenden Fall von Misshandlungen in einem katholischen Kinderhort führt …
Wir verbringen unser halbes Leben damit, Dinge zu sagen, die von uns erwartet werden, weil uns nichts Besseres einfällt.
Eine Geschichte, so ernst erzählt, so schrecklich grausam, nur was davon ist wahr und was ist davon erfunden? Nachdem Tess Gerritsen in ihrem letzten Thriller mehr Blut vergossen hat, als sensible Leser verkraften können, stimmt sie hier wieder mal leisere Töne an. Die Autorin zielt in „Blutzeuge“ eher auf die Psyche ihrer Leser, als auf deren Augen. Ganz ohne Blut kommt sie zwar auch hier nicht aus. Dieses hält sich allerdings im Gegensatz zum Vorband, eher in Grenzen.
Im Fokus steht ein übler Mord eines Serienkillers, deren Motiv man erst nicht greifen kann. Dass eine Verbindung zu einem längst vergangenen Fall besteht, wird erst etwas später klar. Dass es sich hierbei um kleine Kinder handelt, lässt einem die Nackenhaare hoch stehen. Gerade die Details zu dem alten Fall sind weiß Gott nicht leicht zu verkraften.
Doch als unsere Lippen sich berühren, kommt mir plötzlich der Gedanke, dass ein Fels nicht nur etwas ist, an das man sich klammern kann, etwas, was einen retten kann. Es ist auch etwas, an dem man zerschellen und untergehen kann.
Es spricht für die Autorin, dass man selbst Angst bekommt beim Lesen ihrer Geschichten. Sie schreibt so real und bildlich, dass die gesamte Geschichte vor meinen Augen abgelaufen ist. „Blutzeuge“ ist noch fesselnder und noch spannender als der vorherige Band, dabei hatte mir dieser schon überaus gut gefallen. In einer solch langen Reihe dafür zu sorgen, dass man sich als Leser nicht langweilt, sondern immer noch überrascht wird, ist eine Kunst, die die Autorin beherrscht. Eigentlich dachte ich immer, ich würde schon alles kennen, da ich mich gerne in diesem Genre rumtreibe. Tess Gerritsen belehrt mich bei ihren Werken stets eines Besseren. Sie überrascht mich mit ihren Tätern, erschreckt mich mit ihren Morden und hält mich an ihrem Buch fest, weil sie eine Spannung erschafft, der man sich einfach nicht entziehen kann. Das führt dazu, dass man innerhalb weniger Stunden das gesamte Buch inhaliert hat.
[…] denn die wahre Familie eines Menschen definiert sich nicht über die DNS, sondern über gegenseitige Zuneigung.
Tess Gerritsen macht süchtig. Hat man einmal mit den Geschichten angefangen, kann man nicht mehr aufhören sie zu lesen.
Mit „Blutzeuge“ ist der Autorin ihr bisher bestes Werk gelungen. Spannend, unvorhersehbar und sehr temporeich ermitteln Rizolli & Isles in alter Manier. Tess Gerritsen at its best.
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Die Reihe: Die Chirurgin | Der Meister | Todsünde | Schwesternmord | Scheintot | Blutmale | Grabkammer | Totengrund | Grabesstille | Abendruh | Der Schneeleopard | Blutzeuge
3 Comments
Hallo Dörte,
eine schöne Rezension! Ich bin zwar nicht der Thriller-Fan, aber in der Bücherei haben wir Leser die Krimis und Thriller lesen. Daher lese ich auch ab und zu welche.
LG Daniela
Liebe Daniela,
Tess Gerritsen ist auf jeden Fall empfehlenswert. Also falls dich mal ein Leser um einen Tipp bittet, dann kannst du sie ruhigen Gewissens empfehlen. 🙂
In welchem Genre fühlst du dich denn zu Hause?
Alles Liebe
Dörte
Liebe Dörte,
ich lese gerne historische Romane aber auch mal leichte Kost zum Abschalten. Krimi/Thriller ab und zu, bin immer dankbar für Empfehlungen. Fantasy lese ich selten.
Schönen Nachmittag und liebe Grüße
Daniela